Noctha Teil 2 » NOCTHA 2 - Story

Im Halbschlaf merke ich wie Tia näher rückt und sich an mich kuschelt. Ich öffne die Augen und drehe den Kopf in ihre Richtung.

"Ich habe vielleicht was verrücktes geträumt."

Sie musste nicht weiter reden, damit ich wusste worum es in ihrem Traum ging. Sie sprach Deutsch. Also hatte sie ihre Erinnerungen noch nicht zurück und in ihrem Traum ging es um gestern.
Sie vergräbt ihr Gesicht an meinem Hals und ich wünschte mir ich könnte ihr das unangenehme Aufwachen ersparen.

"Das übertrifft sogar deine wildesten Träume, Luke."

Ich öffne den Mund um ihr zu sagen, dass ich nicht Luke bin, da küsst sie meinen Hals. Was auch immer ich gerade sagen wollte. Ich wusste es nicht mehr. Verdammt, wie konnte sich ein Kuss so gut anfühlen?

"Hast du ein neues Deo?"

Alter sag was. Sag irgendwas. Im nächsten Moment küsst sie erneut meinen Hals und fährt mit ihrer Hand über meine Brust. Scheiße. Ihre Finger und ihre Lippen jagen kleine Blitze durch meinen Körper und schmorrten mein Gehirn zu Brei.

"Gefällt mir. Das macht mich ganz wuschig."

Wuschig? Keine Ahnung was es bedeutete, aber ich wurde hier gleich wahnsinnig. Sie legt sich halb auf mich drauf und schlingt ein Bein um meine Hüfte.
Sag was!

"Was hältst du davon wenn wir da weitermachen wo wir gestern aufgehört haben?"

Ihre Küsse hinterlassen ein Spur aus Feuer auf meinem Schlüsselbein, die sich meinen Hals hinauf brennt und an meinem Ohrläppchen explodiert.
Scheiße.
In meinem Inneren herrschte ein absolutes Inferno und wenn ich nicht bald eine kalte Dusche bekam würde ich meinen Verstand verlieren. Gott wie sehr ich mir gerade wünschte ich wäre dieser Luke. Und bei Gott, wie ich diesen Luke gerade hasste.

"Und danach erzähl ich dir dann von meinem Traum."

Tia hebt den Kopf, öffnet die Augen und sieht mich an. "Tia..." sage ich Heiser, absolut nicht in der Lage etwas anderes zu sagen.

Die ganze Nacht liegt Rhain in meinen Armen.
Die ganze Nacht lausche ich ihrem Atem.
Die ganze Nacht hänge ich meinen Gedanken nach und habe den Blick stur aus dem Fenster gerichtet.
Die ganze Nacht passiert gar nichts. Es bleibt ruhig. Nur in meinem Inneren toben die Dämonen.

Die ersten Sonnenstrahlen lassen die Geister meiner Vergangenheit dann endlich verschwinden. Keine Ahnung ob es jemals leichter werden würde. Vielleicht wollte ich auch gar nicht das es leichter wurde. Denn das würde bedeuten zu vergessen. Nicht alles. Aber doch so viel, dass der Schmerz nach ließ.

Und vergessen war das letzte was ich wollte.

Rhain rührt sich in meinen Armen und ich sehe zum ersten Mal seit sie eingeschlafen war auf sie hinab. Sie sieht friedlich aus im Schlaf. Auf meine Lippen legt sich ein kleines Lächeln. Schien so als hätte ich mein Versprechen halten können.

"Na Schlafmütze. Wie war die Nacht?"

"Guten Morgen. Wie ich sehe, haben sie ihren Dienst erfolgreich getan Officer, danke dafür. Hast du denn auch wenig die Augen schließen können?"

Sie hebt ihren Oberkörper an, lässt aber eine Hand auf meiner Brust liegen. Einen Moment sehe ich sie an und mir kommt der Abend wieder in den Sinn. Viel hätte nicht gefehlt. Vielleicht noch ein bisschen mehr Alkohol. Ich verziehe das Gesicht und schiebe den Gedanken beiseite.

"Der Officer steht eben zu seinem Wort." Ich schenke ihr ein Lächeln und schüttle dann den Kopf. "Irgendeiner musste Wache halten und den anderen ging es deutlich schlechter als mir." Ich strecke mich auf dem Bett und sehe zu dem Becher hinüber, der gestern Abend noch mit Kaffee gefüllt war. Löslichem Kaffee. Etwas das ich vor der Apokalypse niemals angerührt hätte und das aber gestern Abend absolut fantastisch geschmeckt hatte.
"Ein Becher Kaffee und meine Lebensgeister sind auch wieder fit." Ich lächle schief.

Im nächsten Augenblick knallt ein Schuss durch das Haus und sorgt dafür, dass der Kaffee überflüssig wird. Ich sitze senkrecht im Bett.
"Scheiße." Ich schnappe mir meine Waffe vom Nachtisch und springe aus dem Bett. "Bleib hier!", sage ich zu Rhain bevor ich das Zimmer verlasse und in dem Flur hechte.

Eine ungewöhnliche Stille hat sich über das Haus gelegt. Kein Tumult. Keine panischen Rufe. Nichts was auf einen Angriff hindeutete.
Die Waffe erhoben gehe ich den Flur entlang. "Jared? Sam?", rufe ich. "Dana? Tia?"

@Dana Brooks

Als du aufwachst liegt unter deiner Hand ein Zettel und eine weiße Rose. In feinsäuberlicher Handschrift kannst du auf dem Zettel folgendes lesen:

Toronto also ja? Solltest du nicht erst einmal dafür Sorge tragen, dass dein geliebter Ehemann den wohlverdienten Frieden findet?
gez. X

Tia beginnt mit der Waffe herum zu fuchteln und ich sehe in meinem Körper schon das nächste Loch. Verdammt, es wurde echt Zeit das sie ihr Gedächtnis wieder bekam. So war sie nicht nur eine Gefahr für sich, was an sich schon schlimm genug war, sondern auch für uns andere.
"Tia. Gib mir die Waffe!" Ich rutsche an die Bettkante. Tia scheint aber gerade mit den Gedanken nicht in diesem Raum zu sein.

Dann löst sich der Schuss.

Und obwohl ich es als Soldat gewohnt war und obwohl ich es hatte kommen sehen, zucke ich zusammen und mein Herz beginnt zu rasen. Fuck.

Keiner Verletzt? Mein Blick gleitet suchend an Tia entlang. Kein Blut. Kein Loch. Keine Schmerzenslaute. Ich stoße die Luft aus. Im selben Moment lässt Tia die Waffe fallen. Ich hechte nach vorne und nehme sie an mich.

"Jared? Sam? Dana? Tia?"

"Nichts passiert!", rufe ich meinem Bruder zu und schiebe die Waffe am Rücken in den Hosenbund.

"Scheiße Tia!" Ich packe sie an den Schultern. "Alles in Ordnung?"

B: Keuchend renne ich die Straße entlang. Die Gebäude links und rechts fliegen in meinem peripheren Sichtfeld nur so an mir vorbei. Panisch blicke ich über meine Schulter während mir mein Rucksack im Rhythmus meiner Schritte schwer auf den Rücken klatscht. Ich kann die Meute hören, die immer noch hinter mir her ist. Scheiße, ich hätte am besten alles in meinem kleinen Appartement ausgesessen. Das kommt davon, wenn man sich was zu essen besorgen will. Eine kleine Fastenkur hätte es doch auch getan, oder nicht? Hektisch blicke ich mich um. Wo bin ich eigentlich? Lauter feine Häuser. Ich muss mich irgendwo verstecken, ich kann nicht ewig so weiter rennen. Ich nehme das erstbeste Haus, laufe den Zaun entlang und quetsche mich durch den Spalt des leicht geöffneten Tores. Autos stehen in der Einfahrt, vielleicht ist sogar jemand hier? Keine Zeit das zu überprüfen. Ich rüttle an der Vordertür. Abgeschlossen. Verdammt! Schnell verschwinde ich hinter dem Haus. Hoffentlich haben sie mich nicht hier herein laufen sehen. Da! Ein kleines Fenster, das einen Spalt offen steht. Ich schiebe es so weit es geht nach oben, ziehe mich so schnell ich kann am Fensterrahmen hinauf und zertrete dabei die hübschen weißen Rosenbüsche darunter. Scheiß Rosen! Wie ein nasser Sack plumpse ich auf der anderen Seite herunter und lande halb auf einer Toilettenschüssel. Shite, das gibt blaue Flecke. Ich rapple mich auf, schließe das Fenster und warte erst einmal ab, ob ich irgendetwas verdächtiges höre. Geschockt schaue ich zur Decke hinauf. War das eben ein Schuss? Wo bin ich denn hier gelandet? Vom Regen in die Traufe, ich und mein Glück. Ich lasse resigniert die Schultern sinken und blicke mich nach einer Waffe um. Nichts. Nur Handtücher und Seifen und Duftöle. Klobürste vielleicht? Okay, Klobürste. Wird schon weh tun, wenn ich die jemandem ins Auge ramme. Ich kralle mir das Ding und gehe auf Zehenspitzen zur Tür, die ich einen winzigen Spalt öffne, um zu lauschen, ob weitere Schüsse fallen. Oder vielleicht sollte ich mich einfach in der Dusche verstecken? Hm, ich fürchte die Glasscheibe bietet auch nicht viel Schutz...

D: Gerade noch im Reich der Träume, werde auch schon wieder aus diesem gerissen. Wird hier geschossen?! Ich sitze aufrecht auf der Couch und sehe mich verwirrt um. Gerade will ich mir verschlafen die Haare aus dem Gesicht streifen, als ich merke, dass ich in meiner rechten Hand etwas halte. Etwas dünnes. Ein Strohhalm? Nein...fühlt sich anders an. Blinzelnd sehe ich auf meine Hand runter und sehe eine weiße Rose. Klar...was? Eine Rose? Habe ich letzte Nacht getrunken und einen auf Bachelorette gemacht? Den Blick von der Rose abschweifend, sehe ich zu Sam rüber, der neben mir noch immer, wie ein Toter schläft. Der hat ja echt einen tiefen Schlaf, wenn ihn dieser Schuss nicht einmal wecken kann. Ich erstarre. Schuss! Verdammt! Ich stehe auf und werfe die Decke dabei über Sam. Der Zettel der zur Rose gelegt wurde, wird dabei auf Sams Gesicht gefegt. Ich hechte durch das Wohnzimmer und bleibe bei den Treppen stehen, als ich zuerst Travis Stimme höre.

"Jared? Sam? Dana? Tia?"

Bevor ich etwas sagen kann, höre ich auch schon Jareds Stimme, etwas dumpfer.
"Nichts passiert!"
Stirnrunzelnd starre ich noch eine Weile hinauf. Oh man…

S: Festival! Geile Mucke, tanzen, flirten, saufen! Ich liebe das! Ich liege gerade in meinem Zelt mit… ach was weiß ich, wie sie heisst. Spielt eh keine Rolle. Heute Nacht wird sie in nem anderen Zelt liegen und ich mit irgendwem anders. Genau so hab ich es mir immer vorgestellt. Ich sollte mir wirklich irgendwann ne Karte kaufen und hinfahren. Das sind zwar ne Menge Pizzen auszufahren, aber lohnts ich ja. Ich schaue auf die kleine Blonde runter und plötzlich senkt sich das Zelt auf mein Gesicht. What the… Hey, wird ganz schön heiß und stickig hier. Ich fange an zu zappeln und nach Luft zu ringen. Hilf… Hilf… what… Mit einem Keuchen wache ich auf und ziehe mir die Decke vom Gesicht. So fühlt sich also eine Nahtoderfahrung an? Ich blinzle in den Raum hinein. Achja… Charleston. Fühlt sich alles an als sei das Monate her. Ich reibe mir mit dem Handballen ein Auge und schaue nochmal genauer hin. Couch. Decke. Dana. Nein moment, Dana fehlt. Ich strecke mich ausgiebig und werfe die Decke von der Couch um aufzustehen. Was war gestern nochmal passiert? Haus, Ravioli, Garage, Tanz. Ach ja. Ich grinse vor mich hin während ich mich erhebe und nochmal strecke. Fühlt sich an als wäre ich 38… Wer will schon so alt sein. Gähnend gehe ich in Richtung Eingangsbereich wo Dana an der Treppe steht und hinauf schaut. “Morgn…” murmel ich und will gerade in Richtung Küche durchstarten, als mir einfällt, das ein Besuch des Bades Morgens immer sinnvoller ist, als direkt in die Küche zu marschieren.

B: Ich höre Stimmen im Flur. Welche von oben, die ich nicht deutlich verstehe und eine in der Nähe, die sehr verschlafen klingt. Fuck, Schritte kommen näher. Hastig blicke ich mich um. Kein Platz zum Verstecken! Einfach abschließen? Aber dann wissen sie direkt, dass ich hier bin. Scheiß drauf, Angriff ist die beste Verteidigung. Die Tür wird aufgestoßen und ich dresche wild mit der Klobürste auf den Eindringling los.

S: Au. Au. Au. Au. Das hat gekitzelt. Au, voll ins Auge! Hey was was WAS??? Irgendwer prügelt mit irgendwas auf mich ein. Ich reiße die Arme hoch um mein Gesicht zu schützen. MIt irgendwas… feuchtem? Buwäh, ich fuchtel wild mit den Armen herum und versuche meinen Angreifer abzuschütteln. “Dana… DANA!!! Sie sind hier!” ”Wer?” Toll du anscheinend auch schon wieder. ”Klar, du wirst gerade von ner Kleinen mit ner Klobürste verdroschen. Denkste, dass lass ich mir entgehen?” Ich versuche zwischen meine in Abwehrhaltung gehobenen Arme zu blinzeln und kriege Tropfen von Sprühnebel einer Klobürste ins Auge. Das brennt auch noch… und noch eine in die Fresse. “Wa.. hey warte…” und auch noch in die Gusch. Ich beginne zu spucken und zu prusten, gehe einige Schritte rückwärts und stolpere promt über eine der Tüten im Eingangsbereich.

B: Der wehrt sich gar nicht. Gut! Was hatte Josh mir nochmal beigebracht? Mit dem ganzen Adrenalin im Körper kann ich mich gar nicht richtig konzentrieren. Egal! Einfach machen! Ich schmeiße die Klobürste zur Seite und renne los. Mit einem Sprung klammere ich mich an den Typen und reiße ihn zu Boden, wo ich versuche ihn in den Schwitzkasten zu nehmen. “Halt doch die Klappe, du Idiot!”, zische ich ihm wütend zu.

D: Sam begrüßt mich, noch halb verschlafen und geht an mir vorbei. Ich nicke ihm lächelnd zu und sehe wieder hinauf. Gerade wollte ich die erste Stiege hinauf gehen, da höre ich wieder Sams Stimme. Nur etwas lauter und...ein wenig verrückter? Überrascht schaue ich zur Seite und sehe, wie eine kleine Frau mit einer Klobürste auf Sam eindrischt. Klobürste? Äh, ja...eine Zeit lang sehe ich mir dieses Schauspiel sogar an und muss mir sogar das Lachen verkneifen, bis die Kleine ihn auch noch in den Schwitzkasten nimmt. Nicht schlecht, aber ich sollte ihm vielleicht helfen. Ich hopse wieder von der Stufe und gehe zu den Beiden rüber. Auf sicheren Abstand bleibe ich stehen und räuspere mich. “Entschuldige...aber was genau, versuchst du da?”, frage ich die Frau und hebe eine Braue. Natürlich habe ich mein Messer unter der Couch liegen lassen. Toll. Ich sehe kurz zur Klobürste und überlege ob...nein. Lassen wir das. Als die Kleine aufschaut, nehme ich ihre zwei Finger, die auf ihrem anderen Arm liegen, um Sam im Schwitzkasten zu halten und verdrehe sie nach hinten. Ihr Griff lockert sich um ihren Arm und ich kann umgreifen. Mit einem Ruck drehe ich ihren Arm auf den Rücken und ziehe ihn nach oben. Sam stecke ich dann die Rose zu. “Halt mal…”, meine ich noch. “Also...wer bist du? Wieso bist du hier? Und wieso verprügelst du Leute mit einer Klobürste?”

S: Ich halte mir das Auge, dass sie… SIE?!?... tatsächlich voll erwischt hat und versuche zu blinzeln. Brennt wie Feuer. Wenn Dana nicht eingeschritten wäre hätte ich versucht die Angreiferin mit meinen Tränen zu treffen und so zu blenden! Ich rutsche auf dem Hintern einen Meter zurück. Dana macht das schon. Hat viel von Sensei Sam gelernt. ”Wem machst du eigentlich was vor? Sei froh dass du nicht zu dringend musstest…” Ich rappel mich an der Seite der Treppe hoch, damit ich wenigstens nicht ganz das Trauerspiel abgebe, nachdem ich aussehe. “Wer zum Teufel ist das?” Dana hat die Kleine wirklich im Griff und ich beschließe nie mehr über ihren Fahrstil zu urteilen so lange sie in Hörreichweite ist. Dann schaue ich das erste Mal auf das, was Dana mir gerade in die Hand gedrückt hat. Ehm. Okay? Ne weiße Rose? War sie heute morgen schon im verbotenen Garten um Äpfel zu suchen und hat diese Rose angeboten bekommen? ”Tähähä... “Wäre nett, mal eingebunden zu werden. Wer ist das, was soll das, was ist hier los und…” Scheiße, das Auge tut verdammt weh! Ich schiele die Beiden aus einem halb offenen und einem ziemlich zugematschten Auge an und strecke Dana fragend die Rose hin. Wenn jetzt eine Glocke los geht, kann Esmeralda mich in den Turm begleiten.

B: Ich zapple und versuche mich aus dem Klammergriff zu befreien, aber mir schießt zur Belohnung lediglich ein scharfer Schmerz die Schulter hinauf. “Ich verteidige mich, wonach sieht’s denn sonst aus, du…”, ich zögere, als ich mich auf die Stimme konzentriere. Irgendwie kommt sie mir bekannt vor. Der Gedanke an meine Fahrstunden kommt mir ganz plötzlich. ”Falsche Seite” hallt es durch mein Gedächtnis. Immer und immer wieder hat sie mich mit einer Engelsgeduld darauf hingewiesen, dass wir nicht in Schottland sind. “Dana?”, frage ich verblüfft und gebe meine Gegenwehr für einen Moment auf, “Ich bin’s, Blair. Blair Fraser. Du hast mir vor ein paar Wochen Fahrstunden gegeben!”

D: Mein Blick fällt flüchtig auf die Rose, die Sam mir entgegen hält und zucke nur mit den Schultern. Ich dachte, er hätte sie mir gegeben. Ist jetzt nicht wichtig! Die Kleine wehrt sich noch und will mich gerade beleidigen, als Hure, Schlampe, oder sonstiges. Was auch immer die Jugend von heute so an Schimpfwörtern benutzt. Creep? Ach, weiß der Geier. Aber sie erstarrt und...Blair? In meinen Gedanken rattert es. Blair Fraser. Schottin. Fuhr immer auf der linken Seite, wenn sie mit den Gedanken abdriftete. “Blair!”, ich lasse sie vorsichtig los und drehe sie dann zu mir um. “Du bist es!” Ich mustere sie flüchtig. “Geht es dir gut?” Gerade könnte ich sie mit Fragen zutexten, aber ich halte inne und seufze nur. Keine sichtbaren Verletzungen. Kein Blut. Nur ein paar Schrammen. Mit einem Grinsen auf den Lippen sehe ich zu Sam. “Sie war...oder eigentlich ist sie noch meine Fahrschülerin. Blair! Blair, das ist Sam. Normalerweise sieht er allerdings nicht so zermatscht aus.” Das Lachen kann ich mir doch nicht mehr verkneifen und halte ihm meine Hand hin, an der er sich hochziehen kann.

S: “Danke mir auch…” meine ich schmollend, nachdem man mich vorgestellt hat oder so. Dann greife ich dennoch nach Danas Hand und lasse mir hoch helfen. Zermatscht hm? Krieg du am frühen Morgen mal Montezumas Morgenstern ins Auge. “Hi, Blair. Nett dich kennen zu lernen.” Kann man noch sarkastischer klingen? “Und was soll das ganze jetzt? Wie bist du hier reingekommen? Was hat es mit der Blume auf sich?” ”Das ist eine Rose.” Klugscheisser. Ich verstehe die Welt nicht mehr und zwinkere die Beiden unentwegt an. Muss aussehen wie ein Penner unter ner Brücke, der die Beiden mit ner Pulle in einer Papptüte auf einen Drink einladen möchte.

B: Mein Arm wird losgelassen und ich reibe mir seufzend die Schulter. Sie ist es tatsächlich! “Gott, bin ich erleichtert!”, meine ich dankbar und umarme Dana fest. Seit einer gefühlten Ewigkeit hab ich keine freundliche Menschenseele mehr gesehen. Ich lasse sie los und winke ab. “Jaja, mir geht’s gut. Hab ein bisschen abgenommen - musste rationieren - wie es halt so ist. Hab ein bisschen trainiert, Laufen kommt inzwischen echt gut. Das übliche. Und wie geht’s dir?” Ich wende mich an Sam, als Dana mir den Kerl vorstellt, den ich gerade noch versucht habe zu erwürgen. “Hi Sam! Das tut mir echt leid. Ich wurde gerade verfolgt und war noch total im Flight-Fight-Modus. Das hast du leider abgekriegt. Sorry!”, zerknirscht und ein bisschen angeekelt schaue ich mir sein anschwellendes Auge an. Die Klobürste hat’s doch gebracht, stelle ich überrascht fest. “Das Badezimmerfenster war offen. Aber das mit der Rose…”, ich gucke auf die Blume, die er mir entgegenstreckt und die ich ihm abnehme, “...keine Ahnung. Draußen waren Rosen. Bin ein bisschen auf denen herumgetrampelt. Sorry, falls jemanden von euch das Haus gehört. Aber im Ernst”, ich schaue wieder zu Sam und lege die Rose abwesend auf einen kleinen Beistelltisch, “Du solltest dir echt das Auge auswaschen. Bakterien, du weißt schon.” Ich schüttle mich etwas bei der Vorstellung, wie ihm vielleicht das Auge eitern und schließlich ausfallen könnte. Dafür wäre ich echt ungern verantwortlich.

D: Blair umarmt mich fest und auch ich erwidere die Umarmung. Wie schön ein bekanntes Gesicht zu sehen. Und vor allem eine meiner Lieblingsschülerin. Wären es jetzt Mike oder Alina gewesen...die hätte ich wahrscheinlich wieder aus dem Haus getreten...aber Blair ist mir sehr willkommen. Ich hoffe den anderen auch. Ich lächle sie an, mustere sie wieder und nicke zwischendurch. “Das mit dem Abnehmen und Lauftraining kommt mir auch bekannt vor.” Ich sehe wieder zu Sam, der uns noch immer die Rose unter die Nase hält und Blair, die sie ihm schließlich abnimmt. Doch sie legt sie beiseite und rät Sam, sein Auge aus zu waschen und auch ich rümpfe angeekelt die Nase. Ich will wirklich nicht mit einer Klobürste verdroschen werden. “Ja, solltest du wirklich, Sam.” Ich lehne mich zu ihm und schaue mir das Auge genauer an. Ein unangenehmer Geruch steigt mir dann auch noch in die Nase. “Hm...und du solltest dir auch das Gesicht waschen...mit Seife...viel Seife!” Schmunzelnd tätschle ich vorsichtig seine Wange und sehe wieder zu Blair. “Wie wärs wenn du dich in die Küche setzt und dich ein wenig ausruhst? Ich gehe nochmal kurz ins Wohnzimmer und danach mache ich uns allen ein Frühstück, was meint ihr?” Ich klatsche kurz in die Hände. “Oh und mit allen meine ich auch noch die Vier, die sich in der oberen Etage aufhalten. Die wirst du auch nachher kennenlernen.”

S: Wiedersehensfreude, Rosen und Klobürsten. Wäre ein toller Pornotitel. Nein, eigentlich nicht… Ich nicke den Beiden zu und gehe an ihnen vorbei ins Badezimmer. “Fein, das Bad ist mir. Kann nicht garantieren, dass ich warmes Wasser übrig lasse.” Als hätten wir sowas noch. Warmes Wasser. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe, gehe ich erst einmal zum Spiegel. Also wenn der erste Eindruck zählt, war es das mit Blair. Du siehst scheiße aus, Sam. ”Das wollte ich gerade sagen.” Zu spät. Zuerst versuche ich mir das Auge unter dem viel zu kurzen Wasserhahn auszuwaschen. Ernsthaft, immer dieser europäische Scheiß. Ein Wasserhahn muss lang genug sein, dass man das Auto draußen auf der Straße noch damit waschen kann. Nicht so ein mickriges Ding wo man sich beim Händewaschen schon immer die Pfoten am Becken an rammt. Also doch direkt unter die Dusche. Ich lass die Sachen einfach auf den Boden fallen und… hebe sie wieder auf. Ich hab nichts zum wechseln dabei. Also lege ich zumindest den Hoodie und die Hose auf den Klodeckel und steige in die Dusche. Kakakakalt… brrr… Egal, sei ein Mann, Sam. ”Bei der Kälte? Du könntest mal wieder den Flaum an deiner Mangina stutzen, Mimöschen.” Was willst du eigentlich? ”Bei dir gefällt es mir. Werde jetzt öfter mal vorbeischauen.” Kann ich nicht brauchen. ”Ne, die Zeitbombe in deiner Birne aber auch nicht. Dich fragt aber keiner!” Kopf direkt unter das eiskalte Wasser! Das hilft sicher! ”Wuähhh!” Jepp, verpiss dich! Hm, nach ein paar Sekunden tut es sogar ganz gut. Ich spühle das Auge vorsichtig aus und teste durch Blinzeln ob es noch funktioniert. Ja, klappt. Gott sei dank. Also waschen, gut waschen und wieder raus. Draußen ist es tatsächlich weniger angenehm als unter der eisigen Brause, aber das abtrocknen hilft. Ich hüpfe in die Hose und den Hoodie, kaue einige Minuten auf einem Batzen Zahnpasta herum und bin bereit für den Tag.

B: Also noch mehr Leute. “Je mehr, desto sicherer, oder?”, meine ich lächelnd und gehe in die Richtung, in die Dana die Küche andeutet, “Frühstück klingt genial!”, ich betone das letzte Wort und höre, wie mein Magen sich lautstark meldet. Mal wieder was Ordentliches essen, das kann ich wirklich gut gebrauchen im Moment. In der Küche nehme ich mir ein Glas und fülle es am Spülbecken mit Wasser. Ohne abzusetzen trinke ich es und dann danach gleich noch eins. Und noch eins. Erschöpft setze ich mich auf einen Stuhl. Da hab ich anscheinend doch noch Glück gehabt heute. Ich atme tief durch und fahre mir durchs Haar. Mal sehen, wie die anderen sind. Die werde ich zur Begrüßung am besten nicht mit einer Klobürste verprügeln.

D: Sam verschwindet ins Badezimmer, Blair in die Küche. Lächelnd gehe ich zurück ins Wohnzimmer und schaue auf die Decke, die Sam vermutlich auf den Boden geworfen hatte, bevor er aufgestanden ist. Ich ignoriere das Chaos und gehe vor der Couch auf die Knie und suche vorsichtig nach meinem Jagdmesser. Während ich den Boden abtaste, gleitet mein Blick über die Couch und ein weißer Gegenstand fällt mir ins Auge. Stirnrunzelnd greife ich danach und halte schließlich einen Zettel in der Hand. Ich drehe und wende ihn, falte ihn schließlich auseinander und lese in einer feinen, sauberen Schrift:
Toronto also ja? Solltest du nicht erst einmal dafür Sorge tragen, dass dein geliebter Ehemann den wohlverdienten Frieden findet?
gez. X
Soll das ein Witz sein? Wenn ja, dann ist es ein verdammt schlechter. Nachdenklich bleibe ich sitzen und sehe mich im Raum um. Warum sollte Sam sowas machen? Naja, Sam...ich schaue nochmal auf die Schrift. Die Schrift würde ich ihm nicht wirklich zutrauen. Vielleicht eher Rhain? Tia? Naja, einer von ihnen wird es mir schon sagen können. Leicht verärgert finde ich schließlich das Messer, stecke es ein und verlasse wieder das Wohnzimmer.
Im Eingangsbereich fällt mein Blick auch nochmal auf die weiße Rose, während ich weiter in die Küche gehe. Noch in Gedanken suche ich die Schränke nach etwas essbarem ab. “Geliebter Ehemann?”, murmle ich kurz, als ich in einen Schrank sehe und wieder schließe. Ich halte kurz inne und schüttle den Kopf. Sowas bescheuertes. “Auf was hast du denn Hunger? Dosensuppe, oder...Ravioli aus der Dose?”, frage ich weniger freundlicher, als ich es wollte.

B: Oh, war Dana jetzt sauer auf mich? Hätte ich vielleicht anbieten sollen zu kochen, statt mich hier so frech einfach hin zu pflanzen? “Also, ich kann das gerne auch machen. Ich ess alles. Bloß keine Umstände”, meine ich und springe auf, um nach einem Topf zu suchen, den ich schließlich in einer der Schubladen entdecke. “Alles okay?”, frage ich vorsichtig, “Sehr heftig alles hier. Was passiert ist. Warum und überhaupt. Aber hey”, ich stumpe sie sachte in die Seite und versuche aufmunternd zu klingen, “immerhin hab ich dich nicht mit der Klobürste attackiert. Bei dem, was du bei mir gemacht hast, wäre das nicht gut für mich ausgegangen, schätze ich”.

D: Fragend sehe ich Blair zu, wie sie auf einmal aufspringt und einen Topf aus einem Schrank befördert. Noch bleibe ich stehen, bis ich ihren Ellenbogen in meiner Seite spüre. “Ja, heftig das alles.” Doch dann grinse ich wieder, bei dem Gedanken, dass es mich auch hätte treffen können. “Na Gott sei Dank war ich es nicht, sonst würde ich jetzt nach Fäkalien riechen.” Lachend stupse ich ihr in die Seite. “Und nein, bitte. Ich koche gerne. Setz dich ruhig und erzähl mir, was passiert ist und wer dich verfolgt hat.” Bei den letzten Worten schaue ich aus dem Fenster und sehe die Straße entlang, aber sie ist menschenleer und zum Glück auch ...mutantenleer? Ich schiebe sie beiseite und mache mich daran, die Dosensuppe in einem Topf und die Ravioli in einem anderen Topf, den ich aus dem selben Schrank ziehe, aufzuwärmen.

B: Ich trete zur Seite und lasse Dana mit den Töpfen und Dosen werkeln. Bei dem Geruch des Doseninhalts bin ich fast versucht, das ganze kalt in mich hineinzuschaufeln. “Als hier das Chaos ausgebrochen ist, war ich gerade im Museum bei der Arbeit. Ich habe mich dann zu meiner Wohnung durchgeschlagen, wo ich mich bis heute verbarrikadiert hatte. Aber mir sind die Vorräte ausgegangen, also habe ich versucht mir in einem Supermarkt etwas zu besorgen. Nur war der schon besetzt. So ein Gruppe Männer hat sich dort breit gemacht und sind mir nach gestiegen, kaum dass sie mich bemerkt hatten”, ich schüttle mich bei dem Gedanken, “Die waren wie Tiere. Haben gegrölt und geschrien und mit ihren Waffen herumgefuchtelt. Ich könnte schwören, einer davon war sogar Hausmeister im Museum! Ein echt netter Kerl. Dachte ich zumindest bisher. Kein Plan, wie ich es geschafft habe die abzuhängen, ich bin einfach nur gerannt.” Ich mache eine Pause und starre ebenfalls nach draußen. Hoffentlich habe ich sie wirklich auf dem Weg hierher abgehängt. “Und wer sind die anderen? Sam? Familie?”

D: Ich höre ihr aufmerksam zu, während ich abwechselnd in den beiden Töpfen umrühre. “Furchtbar, wie sich die Menschen verändert haben”, gebe ich flüchtig meinen Senf dazu, ehe sie mich auf die Gruppe anspricht. Familie. Ich räuspere mich und erkläre ihr, wie ich auf die Gruppe gestoßen bin.
“Tja...und so sind wir hier gelandet”, beende ich meine Ausführung und lege die Deckel auf die Töpfe. “Warte kurz…” Schnellen Schrittes verlasse ich kurz die Küche.
”Wenn ihr dann fertig mit euren Schießübungen seid, könnt ihr zum Frühstücken kommen!”, rufe ich die Treppen hinauf. Danach kehre ich wieder zurück zu Blair und suche Schüsseln für das Essen. “Hm...ich hätte aber nicht gedacht, dass ich meine Fahrschülerin hier treffe. Witzig…” Ich lache kurz. Wirklich kurz, denn es bleibt mir im Halse stecken. “Weißt du zufällig etwas davon?” Meine Hand gleitet in meine Hosentasche und zieht einen Zettel hervor.

B: Ich nehme den Zettel entgegen und lese stirnrunzelnd, was darauf geschrieben steht. Wohlverdienter Frieden? Ist ihr Mann tot? Wir haben uns zwar gut verstanden bei den Fahrstunden, aber auch nicht über allzu tiefgründige Dinge gesprochen. Aber, dass sie verheiratet ist...war, weiß ich. Ich schüttle traurig den Kopf. “Tut mir leid. Keine Ahnung, was es damit auf sich hat. Und auch wegen deinem Mann... War mir nicht klar, dass er nicht hier ist.” Ich gebe ihr den Zettel zurück und lege kurz meine Hand auf ihren Arm, in dem Versuch sie etwas zu trösten. “Wer sollte dir denn so etwas schreiben? Ich habe auch niemanden hier gesehen, als ich durch’s Fenster bin. Klingt aber auf jeden Fall nach einem passiv-aggressiven Arsch, wenn du mich fragst.”

S: Ich schlurfe aus dem Badezimmer und schnappe mir Unterwäsche in den ganzen Tüten, die wir mitgenommen hatten und die noch im Eingangsbereich herum liegen. Langsam kommen auch die ganze Details der letzten Tage wieder zurück. Rhain, Tia, Tias Gedächtnisverlust. Ich stopfe Socken und Shorts in die Bauchtasche des Hoodies und sehe mich um. Scheinbar war noch niemand sonst wach geworden. Naja, wenigstens hatten sie dann auch nicht mitbekommen, wie ich, mit einer Klobürste, vergessen wir das einfach. ”Niemals! Zu gut!” Ich gehe in die Küche und Blair und Dana stehen am Fenster. “Ahm…” Ich lege einen Arm in den Nacken und reibe mir die kurzen nassen Haare. “Können wir nochmal auf Anfang und das eben vergessen?” ”Buwähähähähä… vergiss das! Ich krieg das Bild nie mehr aus deinem Kopf raus!” Ich lasse mich auf einen der Stühle am Tisch fallen und strecke die Arme aus um die Fingerknöchel der ineinander geschobenen Finger knacken zu lassen. “Wo sind eigentlich die Anderen?”

D: Ich seufze und schüttle den Kopf. Wie dumm von mir, gleich sie zu verdächtigen. Hier wird man wirklich noch paranoid. Gerade will ich mich entschuldigen, da spüre ich ihre Hand auf meinem Arm. Ich lächle ihr zu und tatsächlich hilft es ein bisschen. “Ich weiß nicht...entweder es ist einfach ein dummer Scherz, oder…” Sam schlurft in die Küche und unterbricht meinen Gedankengang. Ich drehe mich zu ihm und verschränke die Arme vor der Brust. Schmunzelnd sehe ich ihm zu, wie er versucht cool, oder charmant rüber zu kommen. Hm, wenn ich in seinem Alter wäre, würde ich das süß finden. Na gut, es ist immer noch süß. Mein Blick schweift flüchtig zu Blair, ehe ich mich wieder um das Essen kümmere. Hier müssen doch sicher noch ein paar Gewürze sein, damit es nicht ganz so fad schmeckt. Ahja! In einer Schublade werde ich fündig. Oh, wow. So ordentlich sortiert...uuund jetzt nicht mehr!

B: Ich grinse bei Sams Versuch seine Würde zu retten und greife mir die Schüsseln und eine Handvoll Löffel aus einer Schublade. Flüchtig schaue ich noch einmal zu Dana, ob es ihr gut geht, aber sie sucht sich gerade ein paar Gewürze aus. Ich gehe zum Tisch und verteile Teller und Besteck. “Keine Angst, Sam, das bleibt unser Geheimnis”, ich zwinkere ihm verschwörerisch zu und mein Blick fällt unweigerlich auf das malträtierte Auge, “Aber dafür müssen wir uns wahrscheinlich noch eine passende Ausrede ausdenken”, meine ich und deute verstohlen auf sein gerötetes Auge, “Ich hoffe ehrlich, das gibt sich bald wieder. Tut mir wirklich leid, das Ganze. Aber vielleicht helfen ja leckere Ravioli!” Und da knurrt auch mein Magen schon wieder.

D: Meine Gedanken kreisen um diesen blöden Zettel, immer und immer wieder. Ein schlechter Scherz, mehr ist das nicht. Wer weiß noch davon, dass Alex in dieses Wesen mutiert ist? Jared und Sam sind die einzigen, denen ich es erzählt habe. Also...nicht wirklich. So ein Scheiß! Ich fahre mir durchs Haar und sehe wieder aus dem Fenster raus. “Sam?”, frage ich und gehe zu ihm, halte ihn den Zettel unter die Nase. “Kennst du die Schrift?” Er kann es nicht gewesen sein!

S: ”Scheisse! So was Krankes würde nicht mal ich mir ausdenken...” “Nein, was soll das Dana?” Ich starre auf den Zettel. “Ist uns irgend jemand gefolgt? Eine ganze beschissene Woche lang?” Ich meine Hey, wir waren nicht mal in der Nähe ihres Hauses oder? Dann schaue ich zu ihr auf. “Keine Ahnung, wirklich.”

D: Ich ziehe die Schultern hoch und schüttle den Kopf. “Was weiß denn ich? Ich habe niemanden gesehen, oder irgendwas bemerkt. Aber anscheinend beobachtet uns jemand, den ich kenne. Seitdem...das alles passiert ist?” Seufzende setze ich mich an den Tisch und tippe mit den Fingern auf der Tischplatte herum. “Langsam werde ich richtig hungrig...wo bleiben die denn?!” Meine Nervosität steigt an, aber auch mein Hungergefühl. “Ach, egal…” Ich stehe wieder auf, hole die Töpfe von den Herdplatten und stelle sie auf den Tisch. “Bedient euch…”

Tia scheint mich nicht richtig wahr zu nehmen. Sie wird aschfahl, sinkt wie ein Häufchen Elend auf die Knie und starrt ihre Hände an.
Scheiße!
War das eine Nebenwirkung ihrer Kopfverletzung? War sie noch schlimmer, als wir gedacht hatten? Konnte es sein, dass nach so vielen Stunden noch irgendwas schwerwiegendes passierte?
Fuck!
Die einzige Person die mir die Fragen beantworten konnte, saß vor mir und vergrub gerade ihre Hände in ihren Oberschenkel. So doll, dass ihre Knöchel weiß hervortraten und ich mich nicht wundern würde, wenn genau an der Stelle morgen blaue Flecke erscheinen würden. Hatte sie Schmerzen?
"Tia? Was ist los?" Ich kann die Angst nicht vollständig aus meiner Stimme verbannen.
Sie holt Luft und Tränen laufen ihr über die Wange. Ich gehe vor ihr auf die Knie. Auf meine Frage erhalte ich keine Antwort. Hatte ich nicht gerade meinen Bruder draußen im Flur gehört? Ich sehe kurz zur Tür.
"Scheiße Tia, sag irgendwas."

"Ich... Es tut mir leid"

Sie sucht meinen Blick. Ich stoße die Luft erleichtert aus. Zumindest sprach sie wieder mit mir. Bevor ich jedoch fragen kann, was ihr leid tat, wird die Tür aufgerissen und Rhain stürmt ins Zimmer.
"Rhain gut das..."
"Was treibst du mit ihr?!", unterbricht sie mich anklagend.
"Sie..."
"Tia?", wendet sich Rhain an sie und unterbricht mich damit zum zweiten Mal.
"Sie...", setzte ich erneut an, komme aber wieder nicht über das erste Wort hinaus.
"Was soll das mit der Waffe? Willst du ihr Angst einjagen? Das macht das Erlebte für sie nicht besser und lässt ihre Erinnerung auch nicht schneller zurück kommen!"
Sie schiebt sich halb zwischen mir und Tia. Was? Ich sehe Rhain einen Moment irritiert an. Glaubte Rhain gerade tatsächlich, dass ich geschossen hatte um ihr Angst einzujagen?
"Sie hat sich die Waffe vom Nachttisch genommen, weil sie geglaubt hat sie steckt in einem...", ich stocke,"...LARP? Keine Ahnung. Sie war der Meinung die Waffe ist nicht echt. Dann wurde sie Aschfahl und ist auf die Knie gegangen. Scheiße Rhain, glaubst du ihr Kopf hat mehr abbekommen?" Mein Blick wandert wieder zu Tia. Noch immer war die Farbe nicht in ihr Gesicht zurückgekehrt.